Mitunternehmerschaft. Amtsträger im territorialen Staatsbildungsprozess des Alten Reichs

Die einfache Frage, wovon Amtsträger der entstehenden Territorialstaaten im Alten Reich überhaupt lebten, ist nicht so banal wie es scheint. Die Frühneuzeitforschung gibt dazu bislang keine Antworten, die als systematisch überzeugend und empirisch hinreichend belegt gelten könnten. Die im Begriff „Staatsbildungsprozess“ aufscheinende Unabgeschlossenheit verweist darauf, dass man bei der Untersuchung der Ökonomie von Amtsträgern mit Kriterien, die Max Weber für den Idealtyp „Moderner Staat“ formuliert hat, nicht recht weiterkommt. Territoriale Verwaltungen, die im Zuge eines Ausdifferenzierungsprozesses aus dem Haushalt des fürstlichen Herrn entstanden waren, trugen bis ans Ende des Ancien Régime zahlreiche Merkmale ihrer patrimonialen Herkunft. Zwar wurden Amtsträger nicht mehr unmittelbar am Tisch ihres fürstlichen Herrn alimentiert, sie zählten aber sehr wohl noch zu dessen erweiterten Großhaushalt. Entsprechend großzügig konnte der Herr über normwidriges Verhalten hinwegsehen, bei Verdacht mangelnder Loyalität seine schützende Hand freilich ganz unvermittelt zurückziehen. Der Beitrag nimmt den Exktraktionsmechanismus des frühneuzeitlichen Fürstenregiments in den Blick, um die ökonomische Basis der Amtsträgerschaft zu klären. Dieses Regiment trägt m.E. die Züge eines mit den Mitteln monopolisierter Gewaltausübung privilegierten Großunternehmens, an dem die Amtsträgerschaft Anteile hielt, zwar lediglich mit begrenztem Stimmrecht, aber mit Anrechten auf angemessene Rendite. Amtsträger brachten in dieses Unternehmen ihr Privatvermögen ein, teilweise ganz unmittelbar als Kredite oder als gestundete Besoldungen, teilweise in Form äußerst langwieriger, unbezahlter Ausbildungszeiten. Was dann als angemessener Gewinnanteil gelten konnte, war Gegenstand von Konflikten, die uns als zeitgenössische Korruptionsdiskurse entgegentreten mögen.

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